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Wo das Herz aufblüht

Umgeben von Reben und Blumen steht hoch über dem Zürichsee in Wädenswil ZH das Gottfriedhus. Rosmarie und Ernst Brupbacher hegen und pflegen dort ihr kleines grünes Gartenparadies.

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Flammend leuchtet der Mohn rund um das historische Gottfriedhus in Wädenswil ZH. Rot sieht das Besitzerpaar Rosmarie und Ernst Brupbacher deswegen aber nicht.

Manchmal lohnt es sich, früh aufzustehen und im ersten Sonnenlicht draussen in der Natur zu sein. Wie frisch doch die Welt riecht, wie intensiv die Blumen leuchten! Solche Augenblicke berühren das Gemüt, schmeicheln der Seele. Zu den Menschen, die am Morgen zeitig aktiv sind und solch beglückende Naturmomente häufig erleben, gehören Rosmarie und Ernst Brupbacher. «Während der Woche bin ich ab acht Uhr im Garten», sagt die Zürcherin fröhlich und vermeidet das Wort Arbeit bewusst. Denn das, was sie draussen gestaltet, ist keine Pflicht. Vielmehr Leidenschaft. «Es ist ein Geschenk, nach der Pensionierung solch einen Lebensinhalt zu haben.»

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Ein Herz und eine Seele: Ernst Brupbacher, 73, und seine Frau Rosmarie, 72, lieben das Leben. Gerne geniessen sie zum Zvieri ein Glas Weisswein aus eigenen Bianca-Trauben.

Um- und Neugestaltung

Wir treffen Rosmarie Brupbacher und ihren Mann Ernst in Wädenswil ZH. Es ist ein schöner Nachmittag, nach den morgendlichen Aktivitäten haben die beiden jetzt Zeit zum Erzählen. Gemütlich sitzen sie im Garten am Steintisch beim Rebhäuschen, geniessen im Schatten der Pergola einen Zvieri. Von Frühling bis Herbst ist dieses Plätzchen hoch über dem Zürichsee ihr Lebensmittelpunkt, im Winter treffen sie sich im Innern des 1998 durch Ernst Brupbacher erstellten Bijous mit Freunden oder ihren Kindern und Enkeln zum Fondue. Speziell daran ist, dass sie eigentlich ganz woanders wohnen. Doch davon später.

Das romantische Rebhäuschen steht in der Mitte eines terrassierten Grundstücks im oberen Teil von Wädenswil. Seit bald hundert Jahren gehört das Areal mitsamt den darauf stehenden Bauten der Familie Brupbacher. Das Hauptgebäude – das historische Gottfriedhus, das seit 1976 als Schutzobjekt von regionaler Bedeutung eingestuft ist – stammt aus dem Jahr 1762. Das alte, bereits 1685 nachweisbare Haus hatte wohl für den Neubau des Gottfriedhus weichen müssen. Zum Anwesen gehören eine Scheune, die heute als Handwerksbetrieb genutzt wird, sowie ein Waschhaus mit Metzg, das zum Wohnhaus umgebaut ist. Die Eltern von Ernst Brupbacher lebten nach ihrer Pensionierung mehrere Jahre im Gottfriedhus und gestalteten die Umgebung parkartig mit Weglein und Cotoneaster. Da Letzterer eine Wirtspflanze für den Feuerbrand ist, forderte die Gemeinde die Besitzer 1998 jedoch auf, alle Zwergmispelbüsche auszureissen und die Umgebung umzugestalten. «Früher wurde auf dem Gelände Wein angebaut. Wir entschieden uns deshalb, dass hier auch künftig wieder Reben wachsen sollen», erzählt Ernst Brupbacher. Inspirieren liess sich die Familie damals vom Weinbauernhaus aus Richterswil, das im Freilichtmuseum Ballenberg aufgebaut ist.

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Von der kleinen Terrasse vor dem Rebhäuschen aus schweift der Blick über die Reben bis zur katholischen Kirche und hinunter zum Zürichsee. Romantische Akzente setzt am Rand die zart duftende Strauchrose ‘Schneewittchen‘.

Zeitaufwendig, aber spannend

Vor rund vierzig Jahren renovierte Ernst Brupbacher mit seinem Vater und einem Onkel das Innere des Hauses. Aus den drei alten Wohnungen sind drei spezielle Wohnparteien entstanden. In einer dieser Wohnungen steht nach wie vor der Stubenofen aus dem Jahr 1781 mit gemalten Kachelansichten von Regensberg, Knonau, Kappel, Kyburg und der Wädenswiler Kirche. 1998 pflanzten die Brupbachers ausserdem auf sechshundert Quadratmetern zweihundertachtzig junge Rebstöcke. Beraten durch Weinbauexperten der Fachhochschule Wädenswil, entschieden sie sich für die pilzwiderstandsfähige Sorte Bianca, eine Weissweintraube, die ursprünglich aus Ungarn stammt. «Damit die Rebstöcke aufrecht in die Höhe wachsen, setzen wir auf die Drahtrahmenerziehung. Das ist nicht so ästhetisch wie die Stockkultur mit Stickeln. Dafür aber praktisch», sagt der Besitzer.

Von den nun gut zwanzigjährigen Rebpflanzen ernten die Brupbachers im Herbst jeweils rund zweihundertsechzig Kilo Trauben, aus denen im Weingut Hasenhalde in Meilen zweihundertfünfzig Siebendeziliterflaschen gekeltert werden. «Ein aufwendiges Hobby», verweist Ernst Brupbacher auf die vielen Stunden, die er im Weinberg verbringt. Dabei kann er auf die Mithilfe seiner Frau, seines Sohnes Alexander und seines Freundes Isidor Stirnimann zählen. Das Projekt sei aber eine grosse Bereicherung, denn er habe in Rebbaukursen viel gelernt, erzählt er. «Wir sind zudem im Hobbywinzer Club Schweiz und haben auf Exkursionen viele Weinbetriebe und Menschen kennengelernt.»

Text Corinne Schlatter Fotos Nadja Athanasiou

Diese Reportage erschien in der Schweizer LandLiebe #4/5 Sommer 2021. Lesen Sie den ganzen Artikel im E-Paper.

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