Garten
Versteckte Schätze
In der Erde verborgen und nur mit der besten Spürnase zu finden: Trüffel sind rare Delikatessen. Inzwischen können sie aber auch im Garten kultiviert werden. Eine Anleitung für Schatzsucher.

Der Trüffelspezialist Andreas Simon erinnert sich genau, wie er seinen ersten Trüffel fand. Ein Kollege hatte ihm gezeigt, dass man nach den raren Pilzen suchen konnte, indem man mit einer Rute neben bestimmten Gehölzen leicht auf den Boden klopfte und beobachtete, ob eine Trüffelfliege wegflog. Er versuchte es eben-falls – und hatte Erfolg. Sein Interesse war geweckt. Heute, zwanzig Jahre später, sucht er nicht mehr mit der Rute, sondern streift mit Trüffelsuchhund Quinto durch die Wälder. Er hat zudem herausgefunden, wie man geeignete Sträucher mit Trüffelmyzel in Verbindung bringt und zieht in mehreren Plantagen Herbsttrüffel. «Der Trüffel ist ein Mythos», sagt Simon, «auch wenn man ihn selbst anbaut, bleibt er geheimnisvoll.»
Geheimnisvoll ist auch die Technik, mit der die Sträucher mit dem Pilzmyzel in Verbindung gebracht werden. Die Trüffelsporen werden dem Wurzelgeflecht des Gehölzs weitergegeben – wie genau verraten diejenigen, die es erfolgreich machen, nicht. «Während in Frankreich und Italien seit Jahrzehnten Sträucher und Bäume geimpft werden, kennt man dies in der Schweiz erst seit gut zwanzig Jahren», erklärt Simon. Und die meisten, die Bäume impfen, haben selber ausgetüftelt, wie es funktioniert. Der Anbau von Trüffeln hingegen ist ganz simpel – und wenn man ein paar Faktoren beachtet, kann man acht bis zehn Jahre danach die ersten Schätze aus dem Boden holen.

1 STANDORT Für den mit Trüffelsporen geimpften Strauch ist ein halbschattiger Standort ideal. Damit sich das Pilzgeflecht ausbreiten kann, braucht es einen feuchten Boden. An einem vollsonnigen Standort kann der Boden im Sommer schnell austrocknen und somit das Trüffelwachstum behindert werden. Damit der Trüffel im Boden mit möglichst wenig Konkurrenz durch andere Mykorrhiza-Pilze zu kämpfen hat, sollte er nicht unmittelbar neben andere grosse Bäume gesetzt werden. Rob Lewis

2 PH-WERT Wichtig ist auch der passende pH-Wert. Der Herbsttrüffel wächst auf kalkhaltigem Boden. Der pH-Wert sollte ab 6,5 aufwärts betragen. Mit einem pH-Messgerät oder auch einfachen pH-Messstreifen lässt sich der Säuregrad des Bodens messen. Dazu wird ein Teil destilliertes Wasser mit einem Teil Erde vermischt. Nun den pH-Streifen ins Wasser halten und den Wert ablesen. Ist der pH-Wert zu tief, kann er mit Algenkalk angehoben werden. Rob Lewis

3 PFLANZLOCH VORBEREITEN Am Standort wird der Boden 20 bis 30 Zentimeter tief ausgehoben, dann die Erde lockern, damit sich die Wurzeln gut ausbreiten können. Dem Pflanzloch darf weder Dünger noch Kompost oder anderweitig angereicherte Erde beigegeben werden – der Trüffelpilz reagiert sehr empfindlich auf ein zu grosses Angebot an Nährstoffen im Boden. Rob Lewis

4 PFLANZEN Nun den Wurzelballen vorsichtig aus dem Plastiktopf ziehen. Das weissliche Pilzmyzel sollte an den Wurzeln sichtbar sein – es zeigt, dass der Pilz mit dem Strauch eine Symbiose eingegangen ist. Um das Myzel nicht zu stören, wird der Wurzelballen sorgfältig ins Pflanzloch gesetzt. Mit der Erde rundherum das Pflanzloch auffüllen und andrücken. Der Kontakt zur Erde ist wichtig, gleichzeitig sollte das Myzel beim Einpflanzen möglichst nicht gestört werden. Rob Lewis

5 PFLEGE Zum Schluss wird der Strauch angegossen und die Fläche rundherum mit Stroh gemulcht oder mit einer Kokosscheibe abgedeckt. Mulch hält Konkurrenzpflanzen wie Gräser fern und behält die Feuchtigkeit im Boden. Wer einen eher tiefen pH-Wert hatte, kann die Baumscheibe im Frühling mit etwas Algenkalk bestreuen (gemäss Angaben auf der Packung). Bei grosser Trockenheit sollte der Strauch gewässert werden. Aber nicht täglich ein bisschen, sondern einmal richtig und dann wieder zwei Wochen nicht. Rob Lewis

6 SUCHE Je nach Art des Holzes bilden sich Trüffel schneller oder weniger schnell. Bei Haselsträuchern gehts am schnellsten – bereits nach sechs Jahren kann man im Herbst zum ersten Mal auf Trüffeljagd gehen. Wer keine vierbeinige Spürnase hat, macht es wie Andreas Simon in seinen Anfängen. Man bewegt sich langsam auf das Gehölz zu, geht in die Knie und klopft mit einer flachen Rute – zum Beispiel einem Bam-busstab – leicht auf den Boden. Haben sich am Myzel Fruchtkörper, also Trüffel gebildet, zieht deren Geruch die Trüffelfliege an, sie will dort ihre Eier ablegen. Vom Klopfen auf-geschreckt, fliegt sie davon. An der Stelle, an der sie aufsteigt, fängt man leicht zu graben an, am besten von Hand. Ein weiteres Indiz für das Vorhandensein eines Trüffels kann die Erde selbst sein – riecht sie nach Trüffel? Mit etwas Glück gräbt man fünf bis dreissig Zentimeter tief in der Erde eine Delikatesse aus. Rob Lewis
Text Sarah Fasolin Fotos Rob Lewis
Diese Reportage erschien in der Schweizer LandLiebe #7 Herbst 2024.