Selbermachen
Hübsch zur Schau gestellt
Man nennt sie Aurikeltheater, weil sie einst dafür gedacht waren, empfindliche Primeln (Primula auricula) zu schützen und in Szene zu setzen. Heute bieten sie auch anderen Preziosen eine Bühne. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Pflanzentheater selber fertigen können.

Die Briten sind für ihre Gartenverrücktheit bekannt. Um Pflanzen von ihrer besten Seite zu zeigen, lassen sie sich allerlei Kurioses einfallen. Schon früh zählten sie zu den Züchtern und Sammlern von Aurikeln, einer Pflanzenart, die zur Gattung der Primelgewächse zählt, und präsentierten sie in sogenannten Aurikeltheatern. Dabei handelt es sich um Pflanzenbühnen, deren Tradition sich bis ins siebzehnte Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Die ersten gab es in Belgien und Frankreich. Doch es dauerte nicht lange, bis sie die andere Seite des Ärmelkanals erreichten. Frühe Modelle waren mehr praktisch als dekorativ: schlichte Holzgestelle – dazu gemacht, Blüten und Laub der exquisiten Primelgewächse vor Wind-und Regenschäden zu bewahren.
Eine eigene Kunstform
Eine eigene Kunstform Bald aber stellten Besitzer herrschaftlicher Gartenanlagen ihre Aurikeltheater zur Schau. Gärtner wurden sogar eigens dafür abgestellt, die grossen Sammlungen zu pflegen und neue Sorten zu züchten. Aber: Die Leidenschaft für die edle Blume war kein Privileg des Adels. «Florist Societys», Floristenvereine, brachten im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert die Begeisterung für Aurikel unter das gemeine Volk. Auch Weberei- und Minenarbeiter erlagen dem Charme der kleinen Blumen und stellten ihre aus Samen gezogenen Schönheiten in einfachen Theatern aus. Auf dem Höhepunkt der viktorianischen Ära waren aus Backstein gebaute Theater mit mehreren Etagen und abnehmbaren Fenstern beliebt. Zierende Bögen und Vorhänge unterstrichen die Absicht, den geliebten Pflanzen eine Bühne zu bieten. Aufwendig verziert und mitunter dramatisch gestaltet, entwickelten sich die Aurikeltheater im neunzehnten Jahrhundert zu einer eigenen Kunstform. Anwesen, denen es an Platz und finanziellen Mitteln mangelte, organisierten saisonale Ausstellungen und präsentierten ihre Sammlungen auf einfachen Holzetageren.
Edle Berggeschöpfe
In ihrer Heimat, den europäischen Alpen, wachsen Aurikel in Felsspalten. Die rosettenbildende Staude ist wegen den eleganten, meist mehlig bepuderten Tellerblüten höchst begehrt. Die heutigen Aurikel sind das Ergebnis einer Kreuzung aus Alpen-Aurikel Primula auricula und Behaarter Schlüsselblume Primula hirsuta. Manche bilden bis zu dreissig Blüten pro Stängel – in den Farben Weiss, Gelb, Rot oder Violett. Sorten mit doppelten und gestreiften Blüten erzielten schon im frühen Mittelalter hohe Preise. Die zähen, aber anspruchsvollen Bergler benötigen einen hellen Standort ohne direkte Mittagssonne und gut durchlässiges, neutrales bis leicht kalkhaltiges Substrat. Während sich Beet-Aurikel auspflanzen lassen, werden die wertvollen, überaus nässeempfindlichen Schau-Aurikel in Töpfen gehalten.
Wer die Kultur dieser Sensibelchen scheut – auch anspruchslosere Pflanzen wie Sukkulenten lassen sich in Aurikeltheatern perfekt zur Geltung bringen. Insbesondere die Gattungen Aloe, Cotyledon, Crassula, Echeveria, Graptoveria, Haworthia und Sedum mit ihrer unübertroffenen Farben- und Formenvielfalt. Der Pflegebedarf von Sukkulenten ist so gering, dass man die Bühnenshow umso mehr geniessen kann.

MATERIALLISTE • Holz (Brettstärken 1,7 cm und 1 cm) • Stichsäge • Fuchsschwanzsäge • Massband oder Meterstab • Rechter Winkel • Bleistift • Holzfeilen • Akku-Bohrschrauber • Schraubklemme • Holzbohrer • Holzschrauben • Hammer • Kleine Nägel • Holzleim • Schleifpapier • Farbe Annette Lepple

Das Holz für das Pflanzentheater ist im Baumarkt oder in Schreinereien erhältlich. Die Brettstärke liegt bei 1,7 cm für das Regal und bei 1 cm für die Zier-und Halteleisten. Sägen Sie die verschiedenen Teile – Boden, Dach, Rückwand und zwei Seitenwände, zwei Regalbretter, zwei Zier-und drei Halteleisten – nach dem obigen Plan aus. Die Zierleisten und die zentrale Abdeckung können Sie nach eigenen Wünschen gestalten. Reto Flückiger

1 Alle Teile gemäss Plan zuschneiden. Da das Theater am Schluss gestrichen wird, kann man problemlos Restholz verwenden. Die Zierleiste und das Dekoelement, das mittig am Giebel angebracht wird, lassen sich individuell gestalten. Übertragen Sie Ihr persönliches Design einfach mit einem Bleistift auf das Holz, sägen Sie es mit der Stichsäge zu und bohren Sie zierende Löcher aus, falls gewünscht. Es lohnt sich, abschliessend alle Ränder und Löcher mit der passenden Holzfeile zu glätten und abzurunden. Annette Lepple

2 Als Erstes werden die Seitenwände an der Rückwand befestigt. Dafür mithilfe einer Schraubklemme die Teile fixieren, in regelmässigen Abständen Löcher vorbohren und mit Schrauben verbinden. Nach dem Befestigen der Seitenelemente den Boden anbringen. Annette Lepple

3 Als Nächstes sind die Regalbretter an der Reihe. Die gewünschten Abstände mit Bleistift und einem rechten Winkel genau anzeichnen. Tipp: Orientieren Sie sich dabei an der Höhe der ausgewählten Pflanzen. Regalbretter wieder mit einer Schraubklemme fixieren, Löcher vorbohren und verschrauben. Annette Lepple

4 Die Höhe der Halteleisten hängt von der Höhe der Pflanztöpfe ab. Stellen Sie sicher, dass diese nicht herausfallen. Ein Meterstab sorgt für gleichmässige Abstände. Die drei Leisten links und rechts mit je einem kleinen Nagel befestigen. Annette Lepple

5 Nun werden die angeschrägten Dachelemente mit der Konstruktion verbunden. Das funktioniert wie in den Schritten zuvor gut mit einer Schraubklemme. Annette Lepple

6 Zum Schluss die Zierleisten mit kleinen Nägeln am Giebel befestigen. Das Dekoelement, das die Naht der Zierleisten oben am First abdeckt, mit Leim fixieren. Eine Schraubklemme verhindert eventuelles Verrutschen während des Trocknungsprozesses. Tipp: Streichen Sie das Theater in Anlehnung an historische Vorbilder mit einer dunklen Farbe. Das bringt die Bühnenstars besser zur Geltung. Annette Lepple
Text und Fotos Annette Lepple